HINRICHS HANDELT: Rendite mit Rüstung?

ca. 6 Minuten Lesezeit

22.04.2025

Am 8. Mai 1945 endete in Europa der Zweite Weltkrieg. Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Seitdem herrschte in Europa überwiegend Frieden. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die Verteidigungsfähigkeit wieder stärker in den Fokus gerückt. Verteidigungsausgaben sind leider (wieder) notwendig und beeinflussen die Finanzmärkte massiv. Aber sind sie auch nachhaltig?

  • Die Pax-Bank schließt Unternehmen der Rüstungsindustrie grundsätzlich bei der Finanzierung und Geldanlage aus. 
  • Die Deutsche Kreditwirtschaft hat die Auflagen für die Aufnahme von Waffen- und Rüstungskonzernen in nachhaltige Geldanlagen massiv gelockert.
  • Gemeinsam mit weiteren genossenschaftlichen Sonderinstituten hat die Pax-Bank Mitte April ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sie sich gegen die uneingeschränkte Aufnahme von Rüstungskonzernen in nachhaltige Finanzprodukte aussprechen.

Unsere Haltung bei der Pax-Bank ist seit langem eindeutig: Als eine der ersten Banken haben wir schon Ende der 1990er-Jahre Fonds aufgelegt, in denen Rüstungsunternehmen ausgeschlossen waren. Nach wie vor sehen unsere Anlagegrundsätze strenge Auflagen hinsichtlich Rüstungsaktivitäten vor – schließlich tragen wir das lateinische Wort für "Frieden" in unserem Namen. Dabei differenzieren wir: Hersteller von kontroversen Waffen schließen wir kategorisch aus, Hersteller von konventionellen Waffen schließen wir aus, wenn sie mehr als drei Prozent ihres Umsatzes mit Rüstung verdienen.

Die Welt verändert sich und Rüstung hat einen neuen Stellenwert. Dennoch halten wir an unseren Ausschlusskriterien fest. Unsere Haltung haben wir im Frühjahr 2022, kurz nach dem russischen Überfall, in unserem Ethik-Beirat nochmals diskutiert und mit einem klaren Statement bekräftigt: Ja, wir gestehen souveränem Staaten das Recht auf Selbstverteidigung zu und halten Waffenlieferungen in die Ukraine in der aktuellen Situation für ethisch vertretbar. Aber: Wir möchten nicht an Investitionen in Rüstungsunternehmen verdienen. Und wir möchten unseren Kundinnen und Kunden weiterhin die Gewissheit geben, dass sie ihr Geld bei uns nachhaltig anlegen und dabei sicher sein können, dass Ihr Geld nicht in Rüstungsunternehmen fließt. Rüstung ist notwendig – aber nicht nachhaltig.

Jutta Hinrichs

Bereichsleiterin Ethik, Nachhaltigkeit & Kommunikation

Auch wenn Wehrhaftigkeit erforderlich ist, zerstören Waffen Leben, Gesellschaften, Infrastrukturen und die Umwelt – und leisten damit keinen positiven Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.

Lockerung der Nachhaltigkeitsregularien

Aber was heißt eigentlich "nachhaltig"? Und wer bestimmt das? Es gibt verschiedene Richtlinien, die diesen Begriff mit Leben füllen und eine Einschätzung ermöglichen sollen, wie nachhaltig ein Unternehmen agiert. Diese Richtlinien wurden in den vergangenen Monaten teilweise erweitert und gelockert. So hat die EU-Kommission beispielsweise 2022 entschieden, Atomkraft und Erdgas als nachhaltige Investition einzustufen. 

2024 lockerte die Deutsche Kreditwirtschaft als Interessenvertretung der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände die Auflagen für die Aufnahme von Waffen- und Rüstungskonzernen in nachhaltige Geldanlagen massiv. Seither können Banken, Fonds sowie Assetmanagerinnen und -manager auch Unternehmen, deren Kerngeschäft Rüstung und Waffenproduktion ist, in nachhaltige Finanzprodukte platzieren. Zuvor war dies nur bei Unternehmen möglich, die höchstens zehn Prozent ihres Umsatzes mit diesen Wirtschafstätigkeiten erzielen. 

Die Lockerungen bei der Definition von nachhaltigen Finanzprodukten führen bei Anlegerinnen und Anlegern zur Verunsicherung. Doch die genossenschaftlichen Sonderinstitute bleiben bei ihrer Linie. Deswegen haben wir gemeinsam mit weiteren genossenschaftlichen Sonderinstituten ein Positionspapier erarbeitet, das vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde. Die unterzeichnenden Institute bekennen sich dazu, auch künftig keine Unternehmen in ihre Finanzprodukte aufzunehmen, die je nach Bank mehr als drei bis fünf Prozent des Umsatzes mit Entwicklung, Produktion und Verkauf von Waffen und Kriegsgerät erzielen. Denn auch wenn Wehrhaftigkeit erforderlich ist, zerstören Waffen Leben, Gesellschaften, Infrastrukturen und die Umwelt – und leisten damit keinen positiven Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.

Jutta Hinrichs

Die Volkswirtin leitet den Bereich Ethik, Nachhaltigkeit & Kommunikation bei der Pax-Bank. In dieser Funktion koordiniert sie alle Aspekte der Bank, die mit Ethik und Nachhaltigkeit zu tun haben, und kümmert sich um ihre ansprechende in- und externe Kommunikation. Ein wichtiges Anliegen ist ihr das Thema ethisch-nachhaltiges Investment, das Wirtschaft und Ethik kombiniert. Mit diesem Thema beschäftigt sich Hinrichs seit 2006 und kann somit auf nunmehr fast 20 Jahre Erfahrung in diesem Thema zurückblicken. Hinrichs hat VWL in Frankfurt und Bonn studiert und arbeitete danach unter anderem im Deutschen Bundestag sowie im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Die nachhaltige Investment-Strategie der Pax-Bank

Eine gute Investition erwirtschaftet unserer Meinung nach nicht nur eine ökonomische Rendite, sondern auch eine ökologische und soziale. Deswegen achten wir bei der Auswahl von Unternehmen und Staaten für unsere Finanzprodukte darauf, dass sie nachhaltig handeln. Für die Bewertung nutzen wir die Daten von MSCI ESG Research. Sie liefern uns die Informationen über die ESG-Performance eines Unternehmens und über die Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung unserer Anlagekriterien. Zusätzlich achten wir auf das Transformationspotenzial von Unternehmen.

  • Die ESG-Performance (ESG steht für Umwelt, Soziales, Gute Unternehmensführung) eines Unternehmens bringt in einer Kennziffer zum Ausdruck, wie gut oder schlecht ein Unternehmen in puncto Umwelt, Soziales und Governance, also Unternehmensführung, aufgestellt ist. Wir investieren nur in Unternehmen, die besser sind als die schlechtesten 20 Prozent ihrer jeweiligen Branche. 
  • Unsere Ausschlusskriterien legen fest, in welche Unternehmen oder Staaten wir nicht investieren. Wir haben bestimmte Branchen wie z.B. Rüstung, Atom, Kohle, Glückspiel, in die wir nicht investieren. Bei Staaten sind es Kriterien wie Anwendung der Todesstrafe, Nicht-Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens u.a.. Die vollständige Liste der Ausschlusskriterien findet sich hier.
  • Neben Mindestnoten und Ausschlusskriterien achten wir auch darauf, wie sich Unternehmen weiterentwickeln. In einzelnen Fondsprodukten selektieren wir z.B. Unternehmen, die sich in ihrer ESG-Note kontinuierlich verbessern, die erneuerbare Energien stark vorantreiben oder sich besonders für die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele engagieren. Bei der Bewertung des Transformationspotenzials eines möglichen Investments ist es wichtig, genau zu beobachten, ob sie sich tatsächlich positiv entwickeln. Sonst wäre es Greenwashing und das wollen wir natürlich vermeiden. 

Permanente Prüfung unserer Kriterien

Ein besonderer Fall beim Thema Rüstung sind sogenannte Dual-Use-Güter. Sie können sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden. Dazu gehören bestimmte Chemikalien, Maschinen, Technologien, Werkstoffe und Software. Es ist für Investorinnen und Investoren kaum nachzuhalten, wo diese Güter eingesetzt werden. Ein Lkw kann Hilfsgüter transportieren, aber eben auch Waffen. Daher ist die Herstellung von Dual-Use-Gütern für uns kein Ausschlusskriterium.

Das zeigt, dass das Thema Rüstungsinvestments komplex ist und es nicht immer ein eindeutiges schwarz oder weiß gibt, sondern manchmal auch grau. Diese Komplexität begleitet uns und unseren Ethik-Beirat permanent. Auch wenn unsere Haltung klar und eindeutig ist, müssen wir in regelmäßigen Abständen prüfen, ob unsere Richtlinien noch zur weltweiten Lage und den Erwartungen unserer Kundinnen und Kunden passen. Auch wir müssen neue Antworten auf die Fragen der Zeit finden. Das bedeutet für uns aber nicht, dass wir unsere nachhaltigen Grundsätze leichtfertig über Bord werfen. Vielmehr wollen wir werteorientierten Anlegerinnen und Anlegern gerade in turbulenten (Börsen-) Zeiten eine klare Orientierung geben. 

Möchten Sie mehr über unsere nachhaltigen Anlagemöglichkeiten erfahren? Dann vereinbaren Sie jetzt einen Termin mit unseren Beraterinnen und Beratern.

Ihre Ansprechpartnerin bei der Pax-Bank

Jutta Hinrichs Stabsstelle Ethik & Nachhaltigkeit

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