Wie ist die steigende Inflation in dieser Gemengelage zu bewerten?
Constantin Bolz: Das Inflationsproblem ist das, was uns derzeit alle am meisten bewegt. Der Kampf gegen die massive Inflation wird nun mit höheren Zinsen geführt. Dafür muss man kurz zurückblicken: Das Desaster hat seinen Ursprung im Frühjahr 2020, als die Zentralbanken, die eigentlich ein Inflationsziel von zwei Prozent verfolgen, ungeahnte Geldmengen in das System geschüttet haben, mit dem Sinn und Zweck, Finanzsystem und Wirtschaft am Leben zu erhalten. Gleichzeitig haben die Lieferengpässe dazu geführt, dass es kaum noch ein Angebot an Gütern gab. Das Ungleichgewicht von Nachfrage und Angebot, das daraus resultierte, hat das Fass letztendlich zum Überlaufen gebracht. Worin sich die meisten renommierten amerikanischen Universitätsprofessoren einig sind: Eine zehnprozentige Inflation kann man nur mit einer Rezession eindämmen. Demnach muss es leider richtig wehtun. Runter kommt die Inflation also nur, wenn man die Wirtschaft abkühlt und in die Rezession schickt. Das wird Deutschland, Europa, die USA und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Schwellenländer betreffen. Negatives Wirtschaftswachstum heißt wiederum, dass weniger Menschen in Lohn und Brot sind. Die spannende Frage wird sein, wann wir den Höhepunkt der Inflation und damit der Zinsen sehen. Ich gehe davon aus, dass die Inflation in Europa in den nächsten Monaten noch auf dem jetzigen Niveau verbleiben bzw. steigen wird.