KUHL INVESTIERT: Kapitalmarktausblick – vom Regen in die Traufe?

ca. 4 Minuten Lesezeit

23.01.2023

Schon lange dürften sich Anlegerinnen und Anleger nicht mehr so darüber gefreut haben, dass ein Börsenjahr wie das Jahr 2022 zu Ende geht. Aber ist das Schlimmste wirklich überstanden? Unser Börsenexperte Gregor Kuhl hat dazu eine klare Meinung.

  • Das Börsenjahr 2022 war eines der schlechtesten der Geschichte.
  • Obwohl es wieder Zinsen gibt, ist das Sparbuch der falsche Ort für langfristig angelegtes Geld.
  • Auch 2023 sollte sich mit klug ausgewählten Aktien und Anleihen eine positive Wertentwicklung erzielen lassen.

2022 war ein katastrophales Börsenjahr für die Aktien- und Anleihenmärkte. Das Besondere: beide Anlageklassen verloren unter anderem aufgrund des Krieges und der damit verbundenen Preissteigerungen sowie Zinsanhebungen zweistellig, sodass eine Risikostreuung mit diesen beiden Anlageklassen kaum möglich war. Eine Statistik ermöglicht die Einordnung: 2022 war für ein offensives Portfolio bestehend aus 60 % Aktien und 40 % Anleihen mit einem Verlust von 18 % das drittschlechteste Jahr in den vergangenen knapp 100 Jahren. Schlechter lief es nur 1931 und 1937.

Foto: Charlie Bilello

Wo Schatten ist, ist auch Licht

Der Lichtblick: In der Statistik ist auch zu erkennen, dass die Jahre nach diesen Extremereignissen am Kapitalmarkt ganz gut gelaufen sind. Wir stellen uns für 2023 derzeit auf ein Umfeld ein, in dem die Wirtschaft in Europa konjunkturell schwach wachsen bis stagnieren dürfte. Von einer ausgeprägten Rezession gehen wir dagegen nicht aus. Die Inflation dürfte erwartungsgemäß zunächst noch etwas sinken, da Rohstoffkosten und Güterpreise gegenüber dem Vorjahr rückläufig sind. Andere Faktoren sind aber auch preistreibend – unter anderem der Arbeitsmarkt und die staatlichen Investitionsprogramme, die für eine höhere Nachfrage sorgen, – sodass wir mittelfristig ein Inflationsniveau von ungefähr 4 % erwarten.

In dem Umfeld werden die Notenbanken im "Stop-and-go-Betrieb" arbeiten. Da die massiven Zinsanhebungen des letzten Jahres mit deutlichem Zeitverzug konjunkturell wirken, ist das Steuern schwierig, zumal die Inflationsdynamik ebenfalls schwer vorherzusagen ist. Ein Hin und Her zwischen restriktiveren und lockernden Signalen ist für 2023 zu erwarten.

Gregor Kuhl

leitet seit 2011 den Bereich Geldanlage bei der Pax-Bank. Der Bankfachwirt ist unter anderem Fachberater für nachhaltiges Investment, zertifizierter Stiftungsberater sowie Chartered Financial Analyst. Hier berichtet er regelmäßig über Finanzmarktthemen und die ethisch-nachhaltige Geldanlage.

Wertverlust trotz Positivzins

Festzuhalten ist: Der Zins ist zurück! Anleihen am Kapitalmarkt bieten wieder merklich positive Renditen, aber auch für Bankeinlagen gibt es für entsprechende Laufzeiten positive Zinsen. Doch der Schein trügt. Wir warnen davor, langfristig orientiertes Geld ausschließlich auf das Sparbuch zu legen. Das Problem: Die Inflation sorgt dafür, dass die Kaufkraft des Geldes sinkt und es somit real deutlich an Wert verliert. Man kann also künftig von dem gleichen Betrag weniger Güter kaufen. So entsprechen 10.000 Euro, die Sie heute auf Ihr Sparbuch legen, bei einem Zinssatz von 1 % und unserer Basisannahme 4 % Inflation nach 10 Jahren real nur noch 7.440 Euro Wert – ein Kaufkraftverlust von mehr als 25 Prozent.

Unser Anlagerezept für 2023

Für die Kapitalanlage 2023 bedeutet dies, dass wir derzeit den breit aufgestellten Depots unserer Kundinnen und Kunden offensiv ausgerichtete Fonds mit Unternehmensanleihen mit begrenzter Laufzeit beimischen. Hier liegt die Durchschnittsrendite momentan bei 5 %. Auch Aktien gehören weiterhin in ein langfristig ausgerichtetes Depot mit realem Renditeanspruch. 2023 erwarten wir auch für den Aktienmarkt im geschilderten Marktumfeld positive Ergebnisse. Es gilt, aktiv zu handeln – dazu gehört es, einerseits die richtigen Unternehmen auszuwählen, die in diesem Umfeld Gewinne erzielen, und parallel die passenden Zeitpunkte auszuwählen, um Positionen aufzubauen und gelegentlich auch Gewinne mitzunehmen.

Das Anlagerezept wird abgerundet durch Anlagen, die Risiken streuen und auch im Depotauszug 2022 eine positive Entwicklung bei vergleichsweise geringer Schwankung ausgewiesen haben. Hierzu gehören unter anderem Mikrofinanzanlagen, ausgewählte Immobilienfonds und Investments in Erneuerbare Energien. Insofern blicken wir zuversichtlich auf das Jahr 2023 und erwarten, mit einer solide auf die eigenen Bedarfe aufgebauten Vermögensstruktur auch real Wert für unsere Kundinnen und Kunden schaffen zu können. Für weitere Hinweise sprechen Sie gerne Ihre Beraterin oder Ihren Berater an.

Ihr Ansprechpartner bei der Pax-Bank

Gregor Kuhl - Bereichsleiter Asset Management

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