Stranded Asset: Den Immobilienwert nachhaltig sichern

ca. 4 Minuten Lesezeit

08.03.2024

Auch der Gebäudesektor muss bis 2050 klimaneutral werden. Viele Institutionen mit Immobilienbesitz scheuen jedoch die notwendigen Investitionen. Das kann langfristig teuer werden, warnt Michael Denk von Quadoro Investment.

  • Eine drastische Verringerung der Emissionen im Immobiliensektor ist notwendig, um EU-Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
  • Gebäude, die die energetischen Anforderungen nicht erfüllen, werden zu "Stranded Assets".
  • Um den damit verbundenen drohenden Wertverlust zu vermeiden und die Wirtschaftlichkeit des Immobilienbestands zu sichern, sind Investitionen in energieeffiziente und nachhaltige Technologien notwendig.

Herr Denk, warum sollten Institutionen nicht zögern, ihren Immobilienbestand klimaneutral zu machen?

Michael Denk: Europa will bis 2050 klimaneutral werden und bis 2030 mindestens 55 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einsparen. Diese Ziele sind im EU-Klimagesetz rechtlich bindend festgelegt. Sie betreffen auch den Immobiliensektor, denn sowohl der Betrieb als auch der Neubau von Immobilien verursachen CO2-Emissionen. Immobilienbesitzer müssen ihre Gebäude klimaneutral machen, um diese Anforderungen zu erfüllen. Deshalb liegt es in ihrem eigenen Interesse, ihre Gebäude rechtzeitig nachhaltig umzurüsten und so deren Wirtschaftlichkeit zu erhalten.

Michael Denk

Geschäftsführer der Quadoro Investment GmbH

"Immobilien, die nicht klimaneutral gemacht werden, drohen am Immobilienmarkt zu stranden. Ihr Marktwert sinkt drastisch bis hin zum Totalverlust."

Bild Michael Denk
Michael Denk ist Geschäftsführer der Quadoro Investment GmbH. Der Experte für Immobilien-Investment-Beratung hat sich auf das Thema Nachhaltigkeit und Manage to Green-Strategien spezialisiert. (Bildquelle: Quadoro Investment GmbH)

Die dazu notwendigen Investitionen scheuen allerdings viele. Welche Konsequenzen drohen, wenn man abwartet?

Michael Denk: Es drohen zum Beispiel Nutzungsverbote, Bewertungsabschläge, Strafzahlungen, Sanierungszwang, sinkende Vermietungsnachfrage und schlechtere Konditionen für Finanzierungen. Hinzu kommen höhere Kosten für CO2-Emissionen, weil der Zertifikatehandel 2027 auf den Immobiliensektor ausgeweitet werden soll. Irgendwann können Immobilien, die die künftigen Anforderungen nicht erfüllen, nicht mehr verkauft oder vermietet werden. Sie werden zu "Stranded Assets", das heißt sie "stranden" am Immobilienmarkt.

Wie lässt sich das verhindern?

Michael Denk: Durch die Umstellung auf erneuerbare Energien wie Solar- oder Windenergie können die Vorgaben erfüllt und Energiekosten gesenkt werden. Durch die Reduzierung der Betriebskosten können auch die Mieten stabil gehalten werden, was wiederum zu einer höheren Attraktivität der Immobilie führt. Die Investition in energieeffiziente Technologien und Maßnahmen lohnt sich somit langfristig sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaftlichkeit des Immobilienbestands. Oft lassen sich schon mit geringen Mitteln Verbesserungen erreichen: Etwa indem man bei der Heizungssteuerung die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit beachtet.

Wie geht man konkret vor, um herauszufinden, ob Modernisierungsbedarf besteht?

Michael Denk: Ein wichtiges Werkzeug, um die Nachhaltigkeitsperformance von Immobilien zu bestimmen, ist der Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM), der in Zusammenarbeit mit der EU entwickelt wurde. Dieses Tool hilft dabei festzustellen, ob eine Immobilie potenziell zu "stranden" droht. Besitzer von Bestandsimmobilien sollten im ersten Schritt den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen ihres Gebäudes ermitteln, um die Energieeffizienzklasse zu definieren. Erst wenn klar ist, wo auf dem CREEM-Pfad die betreffende Immobilie liegt und welches Energie-Label sie hat, kann die konkrete Maßnahmenplanung, Konzepterstellung und Kostenschätzung beginnen.


Wenn eine Sanierung notwendig ist: Wie können Träger aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft diese finanzieren?

Michael Denk: Bislang gilt die energetische Sanierung bei Bestandsimmobilien als nicht betriebsnotwendig. Das stellt ein massives Investitionshemmnis dar und muss von der Politik geändert werden. Denn auch Kitas und Pflegeheime müssen klimaneutral werden. Hier kann ich nur dazu raten, über Verbände Druck auf die Politik auszuüben, damit sie entsprechende finanzielle Modelle entwickelt. Es kann nicht sein, dass ein gemeinnütziger Träger, der eine Photovoltaik-Anlage installieren will, als gewerblich eingestuft wird. Denn dann drohen erhebliche steuerliche Nachteile – ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz wird so verhindert.

Nachhaltigkeit von Immobilien messen: Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM)

Der Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) ist ein Werkzeug, das von einem Konsortium aus Immobilieninvestoren und der EU entwickelt wurde, um den Grad der Nachhaltigkeit von Immobilien zu bestimmen. Ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen zum maximal verfügbaren globalen Emissionsbudget, das mit den Pariser Klimazielen vereinbar ist, wurden länder- und nutzungstypspezifische Dekarbonisierungspfade berechnet. Diese ermöglichen es, Klimarisiken im Immobiliensektor zu identifizieren und rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Konkret lässt sich mit dem Tool berechnen, wann die Treibhausgas-Intensität einer Immobilie das CO2-Budget schneidet und der Stranding-Zeitpunkt beginnt. CRREM ist unabhängig und kostenlos verfügbar. Das Erheben und Auswerten der benötigten Daten ist jedoch mit einigem Aufwand verbunden und erfordert entsprechende Kenntnisse.

Ihr Ansprechpartner bei der Pax-Bank

Das könnte Sie auch interessieren

SkF: Ökologisch und nachhaltig bauen

Ein modernes Haus mit Baum.

Der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Berlin baut ein neues Wohnheim für Menschen mit Assistenzbedarf. Dabei beschreitet der Verein innovative Wege – und weckt das Interesse der Politik.

mehr

"Nachhaltigkeit heißt für uns, dass wir Mensch und Umwelt stärken"

Die Vorstände der Pax-Bank, Dr. Klaus Schraudner und Hans-Bernd Kloth, in einem grünen Park.

"Die Bank für Veränderung" lautet der neue Claim der Pax-Bank. Was dahinter steht, erläutern unser Vorstandsmitglieder Dr. Klaus Schraudner und Hans-Bernd Kloth.

mehr

Klimaneutraler Gebäudebestand: Der smarte Energiemix macht’s

Foto: Getty Images/Maryana Serdynska

Damit der Gebäudebestand klimaneutral wird, braucht es ganzheitliche Lösungen. In einem Forschungsprojekt der Fraunhofer-Institute probt man im Ruhrgebiet die Zukunft.

mehr