Ein neuer Lebens- und Denkort in Berlin

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28.07.2021

In der Hauptstadt entsteht der Campus für Theologie und Spiritualität Berlin, kurz: CTS. Hinter diesem visionären Hochschulprojekt stehen verschiedene Orden und Geistliche Gemeinschaften. Im September nimmt der neue Studienort seine Arbeit mit einem Leadership-Kurs für Führungskräfte auf.

  • Der neue Campus steht für Theologie in einem urbanen, säkularen Kontext und richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen.
  • Der CTS soll das intellektuelle Rückgrat der Orden und ihrer Werke bilden.
  • Das Projekt sucht weitere Unterstützer.

In den 1950er Jahren gab es in Deutschland rund 50 ordensakademische Einrichtungen, an denen man Philosophie und Theologie studieren konnte, heute sind es vier. Was bedeutet dieser enorme Wandel für die Zukunft? Diese Frage stellte sich Prof. P. Ludger Schulte OFMCap bereits 2014, als er Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule des Kapuzinerordens in Münster wurde. Vor allem wollte er wissen, wie diese Zukunft zu gestalten sei. Für diesen kreativen Prozess brachte der Professor für Dogmatik viele Menschen unterschiedlicher Disziplinen zusammen. Schnell wurde klar: "Wir müssen das Ganze größer und anders denken. Und es geht nur gemeinsam."

So entstand die Idee des Campus für Theologie und Spiritualität Berlin (CTS). Keine Hochschule, sondern ein offener Campus, der die Theologie in ein Gesamtkonzept mit intellektuellem Anspruch einfügt, der viele Zielgruppen anspricht und die Orden in Deutschland wieder sichtbarer macht. Seine Vision als Kapuziner sei, das Evangelium wieder sprachfähig zu machen, so Pater Ludger Schulte. Zudem wolle er mit dem CTS in der Hauptstadt einen Lebens- und Denkort schaffen, der die Theologie durch mehr Spiritualität, mehr Lebenserfahrung und mehr Dialog ergänzt.

"Ein völlig neuer Ansatz"

Andreas Machnik von der Pax-Bank sieht im neuen CTS ein positives Signal der Ordenswelt für die Zukunft. "Das Projekt ist ein völlig neuer Ansatz und eine richtungsweisende Initiative in Deutschland", sagt der Leiter Filiale Auslandskunden. Machnik, der sich auch in seiner Zuständigkeit als Ordensbeauftragter der Pax-Bank intensiv mit der Situation der Orden weltweit auseinandersetzt, unterstützt den CTS bei der Vernetzung mit internationalen Kontakten.

Prof. P. Ludger Schulte OFMCap

Wir sind als Orden dann am stärksten, wenn wir andere stark machen.

Haus der Orden in der Hauptstadt

Sieben Jahre später ist der Campus für Theologie und Spiritualität tatsächlich auf den Weg gebracht. Im April 2021 gründeten die Stiftung der Alexianerbrüder, das Josef-Kentenich-Institut der Schönstatt-Bewegung, die Katharinenschwestern, das Klaus Hemmerle Forum der Fokolar-Bewegung, die Franziskanerinnen von Sießen und die Vinzentiner gemeinsam den Trägerverein und die Betriebsgesellschaft des CTS. Weitere Geistliche Gemeinschaften wie die Dominikaner, Kapuziner und der Deutsche Orden unterstützen das Projekt über einen Förderverein. Neue Gemeinschaften treten im Herbst bei. "Wir freuen uns natürlich über jede weitere Gemeinschaft und Institution, die uns auf unserem Weg unterstützen und begleiten wollen", sagt P. Ludger Schulte.

 

Foto: PTH Münster
Prof. Pater Ludger Schulte

Im Herbst 2021 bezieht der CTS in die Räumlichkeiten des St. Katharinen-Stifts in der Greifswalder Straße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg ein erstes Planungsbüro. Der CTS soll zu einem internationalen Zentrum werden. "Nirgendwo sonst in Deutschland ist so viel konzentriert an einem Ort – von politischer Auseinandersetzung über wirtschaftliche Entwicklung bis hin zu Kunst und Kultur. Wir wollen mit Berlin als Ort der pluralen Gesellschaft arbeiten, in dem viel über säkulares Leben und Christentum nachgedacht wird", erklärt Prof. P. Schulte. Auf einem künftigen Campus sollen Institutionen und Bildungseinrichten auch jenseits der Theologie zusammenarbeiten. So sind neben der akademischen Einrichtung auch eine psychosoziale Tagesklinik, Beratungsstellen und ein integratives Hotel geplant. Ebenfalls werden sich dort verschiedene Orden mit ihren Aktivitäten ansiedeln. Der CTS in einer weltweit sichtbaren Hauptstadt soll zudem ein Ankerpunkt sein für den Austausch mit internationalen Partneruniversitäten. Im Gespräch sind zurzeit die Ateneo Sant'Anselmo in Rom, die DePaul Unversität der Vinzentiner in Chicago, USA, und die Pontifícia Universidade Católica do Rio Grande do Sul im brasilianischen Porto Alegre.

Raus aus dem Elfenbeinturm

Das Programm der CTS ist an der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft interessiert – deshalb orientiert es sich immer am Themenschwerpunkt Theologie der Spiritualität und des Gemeinschaftlichen Lebens. Diese Arbeit ist nicht nach klassischen Fächern aufgeteilt, sondern in vier Cluster:

  • Spiritualität: Quellen, Geschichte und Systematik des geistlichen Lebens und des Gebets, Theologie des Ordenslebens und des Lebens der Geistlichen Gemeinschaften etc.
  • Zeitdiagnostik: Theologie in globalen Transformationsprozessen, Innovationsforschung in urbanen Kontexten etc. 
  • Verkündigung: Missionarische Theologie, Liturgie und Ritual Studies, Jugend- und Berufungspastoral etc.
  • Leadership: Entwicklung von Verantwortungskulturen, Identität und Profil katholischer Institutionen etc.

Das akademische Programm startet nun Schritt für Schritt. Los geht es im September 2021 mit einem Leadership-Kurs für die Führungskräfte der Ordenswerke. Im kommenden Frühjahr ist ein großes Symposium zum Thema "Seelsorge an neuen Orten" geplant, ebenso eine Meisterklasse zum Themenfeld "Christsein als Lebensform". Im Wintersemester 2022/23 beginnt das Studienjahr Berlin, das sich an alle Theologie-Studierenden im dritten Jahr richtet, die sich mit ihrem Studienfach in einem urbanen, säkularen Kontext beschäftigen möchten. "Wer bei uns studiert, lernt die Theologie noch einmal neu als Wissenschaft kennen, die sich nicht im akademischen Elfenbeinturm bewegt, sondern ins Gespräch geht, von anderen lernt und so den Menschen auch heute etwas zu sagen hat", fasst der Gründungsbeauftrage Prof. P. Ulrich Engel OP zusammen.

Zukunftsfähigkeit der Orden

Angedacht ist auch ein Studienjahr für Abiturienten. Über die Schulstiftungen der katholischen Kirche und der Orden sollen junge Menschen die Möglichkeit haben, ihre eigenen Stärken und Schwächen herauszufinden, und sie befähigen, nach diesem Jahr fundierte Entscheidungen für ihr späteres Leben zu treffen. Das alles mithilfe von akademischen Inhalten, Spiritualität, Praxisorten und persönlichem Coaching. "Wir sind als Orden dann am stärksten, wenn wir andere stark machen. Und wenn die Menschen das realisieren, wird ihnen auch klar, wer wir sind", sagt P. Schulte. So soll der CTS langfristig das wissenschaftliche Fundament der Orden und ihrer Werke absichern und sie dabei unterstützen, sich zukunftsfähig aufzustellen.

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