Flughafenseelsorge: Zwischenlandung für die Seele

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17.08.2022

Der Hauptstadtflughafen BER trägt sein Kreuz als Ort der Pleiten und Pannen. Doch es passiert auch viel Positives, meist jedoch weitgehend unbemerkt. Ein gutes Beispiel die Flughafenseelsorge. Das Team von ehrenamtlichen Seelsorgenden hat immer ein offenes Ohr für die vielen Tausend Reisenden und ihre Angehörigen, aber auch für die Flughafenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter.

  • Der BER ist einer von neun deutschen Flughäfen, der eine Flughafenseelsorge anbietet.
  • Ungefähr 30 Ehrenamtliche unterstützen Pfarrerin Sabine Röhm bei ihrer Tätigkeit
  • Anfang des Jahres wurde die Seelsorgearbeit mit dem Ökumenepreis des Ökumenischen Rats Berlin-Brandenburg ausgezeichnet, der von der Pax-Bank gesponsert wird.

Wenn jemand von einem Flughafenmitarbeitenden besonders herzlich begrüßt oder spontan von einem Reisenden angesprochen wird, dann handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen der "rettenden Engel", aus dem Seelsorgeteam am BER. Zwei von ihnen sind Birgitta Lenz und Norbert Moser. Gut erkennbar an ihren violetten Westen gehen sie durch die beiden Terminals, schauen sich nach Hilfesuchenden um oder stehen an ihrem Platz – immer bereit für ein Gespräch.

Die Fragen, Anliegen und Sorgen sind sehr unterschiedlich. Mal ist es ein knapp verpasster Flug, ein anderes Mal die Angst, nicht rechtzeitig bei einem Sterbenden anzukommen oder ein Problem mit einem wichtigen Einreisezertifikat. Auch eine Ehekrise wird schon mal thematisiert.

Lebensnahe Hilfe

"Der Flughafen ist das Spiegelbild unserer Gesellschaft. Da gibt es natürlich auch Nöte und viel Gesprächsbedarf. Häufig helfen wir auch bei ganz praktischen Fragen weiter", berichtet Norbert Moser, der seit zehn Jahren zum Seelsorgeteam gehört und bereits über 600 Dienste geleistet hat. Inzwischen unterstützen ungefähr dreißig Ehrenamtliche die Pfarrerin Sabine Röhm, die hauptamtlich am BER angestellt ist, mindestens einmal pro Woche tatkräftig.

Es sind alles Menschen, die etwas Gutes bewirken wollen und sich gerne Zeit für die Anliegen der Fluggäste und Mitarbeitenden am Flughafen nehmen. Mal sind es fünf Minuten, ein anderes Mal können es mehrere Stunden sein. "Hier vereinbaren wir keine festen Termine. Es dauert so lange, wie wir gebraucht werden", berichtet Birgitta Lenz, die seit 2020 bei der Flughafenseelsorge dabei ist und vorher viele Jahre als Religionslehrerin tätig war. "Die Begegnungen sind meistens zufällig. Das unterscheidet unsere Arbeit von der Seelsorge in anderen Bereichen."

Foto: Ökumenische Flughafenseelsorge Berlin
Rettende Engel: Birgitta Lenz und Norbert Moser gehören zu den 30 Ehrenamtlern im Seelsorgeteam am Flughafen Berlin Brandenburg.

Ausgezeichnetes Beispiel für die Ökumene

Foto: Ökumenische Flughafenseelsorge Berlin
Die hauptamtliche Seelsorgerin Pfarrerin Sabine Röhm vor der Flughafen-Kapelle.

Egal ob Christ, Muslim, Jude oder Buddhist, bei der Flughafenseelsorge ist jeder einfach nur Mensch. In der Kapelle findet man die Bibel, aber auch einen Koran, und der Ruheraum wird meist von Reisenden genutzt, die sich zurückziehen wollen, unabhängig davon, ob sie beten oder nicht. "Das Seelsorgeteam beweist täglich, dass die Zusammenarbeit verschiedener Glaubensgemeinschaften gut funktioniert, weil es uns nicht um Kirchen- oder Religionszugehörigkeit geht", bekräftigt Moser.

Anfang dieses Jahres hat der Ökumenische Rat Berlin Brandenburg der Flughafenseelsorge am BER den Ökumenepreis verliehen, der von der Pax-Bank gesponsert wird. "Man liest meistens nur das Negative über den Flughafen", erzählt Lenz. "Die Auszeichnung wirft ein gutes Licht auf den BER und auf die wertvolle Arbeit, die wir hier alle leisten."

Auch die hauptamtliche evangelische Flughafenseelsorgerin, Pfarrerin Sabine Röhm, sieht in dieser Auszeichnung eine wichtige Form der Wertschätzung für das Engagement der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. "Der ökumenische Aspekt spielt hier grundsätzlich eine große Rolle", betont Röhm. Seit dem Abschied von Jesuitenpater Wolfgang Felber SJ, der im Juni nach zehn Jahren die Flughafenseelsorge verlassen hat, ist die katholische Stelle der Teamleitung vakant. "Wann ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin kommen wird, ist noch immer ungewiss", bedauert sie.

Man tut, was man kann

Gerade die aktuelle Reisesituation mit langen Wartezeiten aufgrund personeller Engpässe stellt Reisende und das Bodenpersonal vor viele Herausforderungen. Da gilt es vor allem, Wartende in der Schlange zu beruhigen, bei der Buchung eines neuen Fluges zu unterstützen oder Fluggästen bei der Suche ihres Koffers behilflich zu sein. Für die Flughafenseelsorgenden heißt das, aufmerksam zu sein und überall nach Menschen Ausschau zu halten, die hilfesuchend wirken oder ganz offensichtlich in Not sind.

Pfarrerin Sabine Röhm ist zusätzlich bei der Feuerwehrseelsorge angestellt, und die Ehrenamtlichen meistens nur einmal die Woche für einige Stunden vor Ort. "Ich bewege mich zwar viel, aber wir können nicht überall gleichzeitig sein. Dazu ist der Flughafen viel zu groß", berichtet Lenz. "Und wenn ich mal einen Fall habe, der mehrere Stunden in Anspruch nimmt, kann ich nicht für andere da sein."

Wie neulich, als sie einem Algerier half, der den Check-in verpasst hatte und nur mit einer Plastiktüte und etwas ausländischem Geld dastand. Sie vermittelte ihm eine Notunterkunft und gab ihm Getränke und Essen. Am Ende brachte sie ihn sogar bis zur S-Bahn. Was aus ihm geworden ist, weiß keiner aus dem Team. Auch das gehört zum Alltag der Flughafenseelsorge.

Birgitta Lenz

ehrenamtliche Helferin bei der Flughafenseelsorge

Wir sind wie ein Rettungsring, den die Menschen für einen Moment ergreifen können. Danach schwimmen sie wieder weiter.

Hier steht der Mensch an erster Stelle

Mittlerweile ist das Seelsorgeteam ein fester Bestandteil des Flughafenteams. Die Beschäftigten winken den Ehrenamtlichen fröhlich zu, wenn sie ihnen über den Weg laufen. Vor allem während der Pandemie, als keine Flugzeuge starteten und es ungewiss war, wie es weitergehen sollte, war der Gesprächsbedarf auch bei den Mitarbeitenden groß.

Selbst wenn viele Anliegen "Business as usual" sind, wie Norbert Moser so schön sagt, so gibt es immer wieder mal Situationen, in denen die Seelsorger an ihre Grenzen kommen. "So wie nach dem Anschlag in Nizza, als Berliner Schulklassen zum Flughafen Tegel zurückgeflogen wurden. Da waren Hilfsorganisationen, Psychologen und natürlich auch wir Seelsorger vor Ort", berichtet Moser. "Das war hart. Aber Gott sei Dank kommen solche Situationen sehr selten vor."

Ihr Ansprechpartner bei der Pax-Bank

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