Flut: Wie die Caritas an der Ahr hilft

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09.09.2021

Die Flutkatastrophe im Juli hat das Leben vieler Menschen innerhalb weniger Stunden auf den Kopf gestellt. Auch das von Pax-Bank-Mitarbeiter Christoph Schmitz: Als Vorsitzender des Caritasverbands Rhein-Mosel-Ahr war er in den Wochen nach der Katastrophe im Dauereinsatz. Was hat sich seitdem getan?

  • Der Caritasverband und viele seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind selbst von der Flut betroffen.
  • Schon einen Tag nach der Katastrophe öffnete der Verband seine Tafel für jedermann.
  • Die Betroffenen brauchen nicht nur konkrete Unterstützung, sondern wollen auch einfach einmal für ein paar Stunden Abstand gewinnen.

Normalerweise reist Christoph Schmitz als Immobilienexperte der Pax-Bank quer durch Deutschland und berät Orden oder Kirchengemeinden, die sich von Teilen ihres Immobilienbesitzes trennen wollen. Doch seit Mitte Juli war er vor allem in seiner Funktion als ehrenamtlicher Vorsitzender des Caritasverbandes Rhein-Mosel-Ahr gefragt. "Ich habe in den vergangenen Wochen eine ganze Menge dazugelernt", sagt Schmitz, der eine solche Katastrophe auch noch nicht erlebt hat.

Herr Schmitz, wie ist die Lage im Ahrtal gut acht Wochen nach der Flutkatastrophe?
Christoph Schmitz: Langsam entsteht wieder so etwas wie Normalität. Der weitaus größte Teil der Trümmerberge ist weggeräumt. Kürzlich gab es sogar so etwas wie das erste spürbar ruhige Wochenende. Viele Einwohner kehren zur Arbeit zurück. Und nach und nach gibt es auch wieder zeitweilig Gas, sauberes Trinkwasser und Strom. Die Betroffenen haben nach wie vor einen riesigen Berg an Fragen und Anliegen.

Was sind die typischen Anliegen?
Christoph Schmitz:
Anfangs ging es um ganz alltägliche Fragen: Wo bekomme ich Essen auf Rädern? Wie kann meine medizinische Versorgung geregelt werden? Wie komme ich an Soforthilfe. Als die Ersthilfen angelaufen waren, hatte sich vor unserer Geschäftsstelle in Ahrweiler schon morgens eine lange Schlange gebildet. In den Gesprächen konnten wir gleich die unterschiedlichen Anliegen aufnehmen. Um den vielschichtigen Bedürfnissen gerecht zu werden und die Hilfe zu organisieren, haben wir so genannte Flutkoordinatoren bestimmt.

Pax-Bank unterstützt Hilfsmaßnahmen

Um die Hilfe in den Wochen nach der Flut zu organisieren, hat Christoph Schmitz Urlaub geopfert und wurde von der Pax-Bank freigestellt – so wie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die direkt oder indirekt von der Flut betroffen sind. Etliche engagieren sich auch ehrenamtlich für die Opfer der Flut. Darüber hinaus hat die Pax-Bank die Spendenaktionen der Caritas unterstützt. Bis zum 24. August gingen bei Caritas International 32,5 Millionen Euro an Spenden ein, mit denen unter anderem die Hilfsangebote des Caritasverbandes Rhein-Mosel-Ahr unterstützt werden.

Wie hilft Ihr Caritas-Verband konkret?
Christoph Schmitz:
Wir haben bereits einen Tag nach der Katastrophe die Tafel und die Kleiderausgabestellen für alle geöffnet. Außerdem haben wir oberhalb des Ahrtals am Sammelplatz für die Fluthelfer in Ringen, eine weitere Anlaufstelle eingerichtet. Eine Bedürftigkeit prüfen wir infolge der verheerenden gebietsweiten Auswirkungen der Flutkatastrophe in der Tafel und der Kleiderkammer nicht mehr. Denn betroffen und bedürftig ist hier momentan nahezu jeder in der ein oder anderen Form. Ich schätze, dass bis zu zwei Drittel der Bevölkerung an der Ahr im größeren Maße von der Flut betroffen sind, darunter auch viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Einige Betroffene möchten auch einfach einmal raus aus dem Szenario und die Katastrophe für ein paar Stunden vergessen. Deshalb organisiert die Caritas kleine Ausflüge für die Betroffenen oder Seniorennachmittage und leistet so wichtigen Beistand für die Betroffenen in der Region.

Wie war Ihr Caritasverband selbst betroffen?
Christoph Schmitz: Unsere Geschäftsstelle ist glimpflich davongekommen. Die Fluten standen immerhin 30 Meter vor der Tür, und wir hatten nur verhältnismäßig wenig Wasser im Keller. Schlimmer hat es dagegen den Kindergarten St. Hildegard getroffen, den wir in Bachem betreiben, einem Ortsteil von Bad-Neuenahr-Ahrweiler. Er liegt nur wenige Meter vom Ufer der Ahr entfernt, aber grundsätzlich hoch genug für bisherige Hochwasser. In der integrativen Einrichtung werden knapp 60 Kinder betreut, einige davon nach einem heilpädagogischen Ansatz. Zum Glück ist niemand von ihnen zu Schaden gekommen, da wir  die Eltern frühzeitig vor dem Starkregen informieren konnten, dass die Einrichtung vorsorglich geschlossen ist. Am Tag danach war allen Eltern klar, dass es zunächst so bleiben wird.

Wie geht es dort weiter?
Christoph Schmitz: Wichtig ist, dass das Gebäude erst einmal trocken wird, damit es im Anschluss in den Rohbau zurückversetzt werden kann. Die Bausubstanz aus den 70-er Jahren ist glücklicherweise sehr gut, sonst hätte sie das Wasser gar nicht überlebt. Zurzeit wird die Kindertagestätte an anderer Stelle behelfsmäßig weiter betrieben. Dadurch können wir erst mal in Ruhe für eine Wiederinstandsetzung weiterarbeiten und haben Zeit für die Renovierung. Und die brauchen wir. Ein Jahr ist wohl mindestens nötig, denn wir wissen noch gar nicht, wann wir Handwerker hierfür finden.

Wie beurteilen Sie insgesamt die Aussichten für das Ahrtal?
Christoph Schmitz:
Ein bisschen Sorgen mache ich mir um die Menschen, die immer noch in ihren beschädigten Häusern wohnen. Im Winter wäre es jedenfalls besser, in eines der angebotenen Ausweichquartiere umzuziehen. Ein großes Glück ist, dass es viele freiwillige Helfer gibt, und auch an Geld wird es kurzfristig nicht mangeln. Ob das langfristig so bleibt, da bin ich mir nicht so sicher. Es ist ein langer Weg und wir haben einen Marathon vor uns. Bis die schlimmsten Folgen beseitigt sind, wird es sicher noch fünf Jahre dauern. 

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