Ein deutscher Friedhof im Vatikan

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08.08.2023

Am Hochfest des Heiligen Herzen Jesu fand am 16. Juni ein deutscher Obdachloser auf dem Campo Santo Teutonico in Rom seine letzte Ruhestätte. Er war im November unter den Kolonnaden des Petersplatzes erfroren. Der Campo Santo gehört einer Kundin der Pax-Bank: der Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Mutter Gottes. Was ist das für ein Friedhof?

  • Der Campo Santo Teutonico ist ein Gebäudekomplex, der die Erzbruderschaftskirche, ein Priesterkolleg, das Römische Institut der Görres-Gesellschaft sowie einen Wissenschafts- und Tagungsbereich umfasst.
  • Stiftungsauftrag der Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Mutter Gottes, die erstmals als Bruderschaft 1454 urkundlich erwähnt wurde, sind die Pflege der christlichen Brüderlichkeit, die Feier des deutschsprachigen Gottesdienstes, das Totengedenken und der Erhalt des Campo Santo Teutonico.
  • Auf dem Friedhof sind viele prominente Persönlichkeiten begraben.

Der deutsche Obdachlose Burkhard Scheffler lebte in den vergangenen zehn Jahren in Rom. Wie viele andere obdachlose Menschen hielt er sich häufig unter den Kolonnaden des Petersplatzes auf, wo er sich auch einen Platz zum Schlafen eingerichtet hatte. Dort starb er in einer Nacht Ende November 2022 den Kältetod. Der erschütterte auch Papst Franziskus. Er betete für den Deutschen im Angelusgebet vor aller Welt auf dem Petersplatz und erwähnte ihn in seiner Predigt am Palmsonntag. Nur wenige Gehminuten vom Petersdom entfernt wurde Scheffler Mitte Juni beerdigt: auf dem Campo Santo Teutonico, einem Friedhof mit Grabsteinen und -platten unter Palmen, Zypressen und Oleanderbüschen – eine grüne Oase der Ruhe mitten im Vatikan und ein Bezugspunkt für viele deutschsprachige Gläubige in Rom.

Eigentümerin des Campo Santo Teutonico ist die Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Mutter Gottes, die sich sofort bereit erklärt hatte, den Verstorbenen in ihrer Pilgergruft zu bestatten. "Für uns war es selbstverständlich, ihm ein christliches Begräbnis zu ermöglichen", sagt Franco Reale. Er ist seit Ende 2021 Camerlengo und bekleidet damit das höchste Laienamt in der Erzbruderschaft, die Kundin der Pax-Bank ist.

Totengedenken und Fürbitte für die Verstorbenen

Die Bruderschaft ist entstanden, um den Pilgerinnen und Pilgern aus dem deutschsprachigen Raum ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen – in einer Zeit, als längere Reisen noch viele Wochen dauerten, und die Menschen fernab der Heimat ohne Angehörige verstarben. Der Begriff "teutonico" bezeichnete damals alle, die im deutschsprachigen Kulturraum lebten. Die erste urkundliche Erwähnung der Bruderschaft stammt aus dem Jahr 1454. Papst Gregor XIII. erhob sie 1579 zur Erzbruderschaft. Seit ihrer Gründung gehören neben den oben genannten Aufgaben das Totengedenken und die Fürbitte für die Verstorbenen zum Stiftungsauftrag der Erzbruderschaft.

Das Gelände des Campo Santo Teutonico von oben – eine grüne Oase mitten im Vatikan.
Das Gelände des Campo Santo Teutonico von oben – eine grüne Oase mitten im Vatikan. (Bildquelle: Erzbruderschaft)

Gräber bekannter Persönlichkeiten

Auf dem Campo Santo wurden auch prominente Persönlichkeiten begraben. Beispielsweise Hermine Speier (1898–1989), eine der ersten weiblichen Angestellten im Vatikan. Die deutsche Jüdin und promovierte Archäologin arbeitete seit 1928 am Deutschen Archäologischen Institut in Rom. Ein Jahr nach der Machtergreifung Adolf Hitlers trat sie in den Dienst des Vatikans und wurde später Katholikin. Ihr Grab liegt neben der Grabstätte ihres Förderers, des Deutschen Archäologen Ludwig Curtius, bis 1937 Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. Oder Madre Pasqualina Lehnert (1894–1983), Haushälterin von Papst Pius XII., die wegen ihres starken Einflusses im Vatikan auch „La Papessa“ genannt wurde. Bedeutende Gelehrte wie Johann Peter Kirsch, erster Direktor des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft und Gründungsdirektor des Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie, Josef Wilpert, bedeutender Erforscher der christlichen Bildkunst, und der Kirchenhistoriker Erwin Gatz, Rektor des Campo Santo Teutonico von 1975 bis 2010, sind ebenfalls auf dem Friedhof beigesetzt.

Auch heute noch gibt es regelmäßig Bestattungen, obwohl der Personenkreis, der darauf ein Anrecht hat, begrenzt ist. Dazu zählen neben den Mitgliedern der Erzbruderschaft etwa die Mitglieder anderer geistlicher Institutionen deutschen oder flämischen Ursprungs mit Sitz in Rom und Umgebung, die ein entsprechendes Grab auf dem Campo Santo unterhalten, sowie Pilgerinnen und Pilger, die auf einer offiziellen Rom-Pilgerfahrt versterben. Für Besucherinnen und Besucher steht der Friedhof zu den Besuchszeiten offen.

Forschungsauftrag vom Vatikan

Camerlengo Franco Reale im Ornat am Rednerpult mit Mikrofon.
Camerlengo Franco Reale. (Bildquelle: Erzbruderschaft)

Zugänglich ist der Campo Santo nur über den Vatikan. Verwaltungstechnisch ist er ihm zugehörig, auch wenn das Gelände als italienische Exklave nicht offiziell auf vatikanischem Staatsgebiet liegt. Der Campo Santo Teutonico vereint gleich mehrere Institutionen. Neben der Kirche Santa Maria della Pietá umfasst er ein päpstliches Priesterkolleg und das Römische Institut der Görres-Gesellschaft, denen die Erzbruderschaft ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Sie gründete das Priesterkolleg im Jahr 1876 mit dem Forschungsschwerpunkt der Kirchengeschichte und der Christlichen Archäologie. "Deshalb ist es bis heute unsere ureigene Aufgabe, dieses Kolleg zusammen mit der Deutschen Bischofskonferenz zu unterstützen und zu erhalten", erklärt der Camerlengo.

Berühmter Kollegiat: Hugh O‘Flaherty

Ein prominenter Bewohner des Priesterkollegs war Monsignore Hugh O’Flaherty aus Irland. Er lebte dort von 1938 bis 1947 und rettete während der deutschen Besatzung in Rom etwa 6.000 von den Nazis verfolgten Menschen das Leben. Seine Geschichte wurde 1983 verfilmt: In dem Film "Im Wendekreis des Kreuzes" spielt Gregory Peck die Hauptrolle. Begraben wurde der Priester O‘Flaherty in seiner Heimat Irland. Im Campo Santo Teutonico erinnert eine Gedenktafel an den ehemaligen Kollegiaten. Eine jüngst im Verlag Schnell & Steiner aus Regensburg erschienene Publikation von Stefan Heid und Thomas Kieslinger mit dem Titel "Monsignore Hugh O’Flaherty ¬ Der Held des Campo Santo Teutonico" beschreibt das beeindruckende Lebenswerk dieses Mannes.

Laienbruderschaft für Männer und Frauen

Heute hat die Erzbruderschaft rund 200 Mitglieder, davon etwa die Hälfte als sogenannte Devotionsmitglieder, die nicht in Rom leben, sich aber diesem Ort besonders verbunden fühlen und ihn finanziell unterstützen. Die in Rom ansässigen aktiven Mitglieder besuchen regelmäßig die Bruderschaftsmesse und die verschiedenen Veranstaltungen der Institution. Hervorzuheben sind die Fronleichnamsprozession sowie das Patrozinium am 8. Dezember mit der Aufnahme neuer Mitglieder. In die Bruderschaft eintreten kann, wer katholisch ist, aus dem deutschsprachigen Kulturraum stammt und die weiteren Anforderungen der Satzung erfüllt. "Von Anfang an waren wir eine Laienbruderschaft, die schon immer Männer und Frauen aufgenommen hat. Auch unserem Vorstand gehören aktuell zwei Frauen an, von denen Frau Franziska Dörr zudem Vize-Camerlengo ist", betont Reale.

Pläne für die Zukunft

Mit dem 39-jährigen Konrad Bestle hat die Erzbruderschaft seit Februar 2023 einen neuen Rektor an ihrer Spitze. Bestle, einem Priester der Diözese Augsburg, ist es ein Anliegen, dass das Priesterkolleg jung und lebendig bleibt. Das gilt nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch für das Gebäudeensemble, das inzwischen in die Jahre gekommen ist. Eine umfassende Sanierung steht an, die auf Initiative der Erbruderschaft von der Bundesrepublik Deutschland finanziert und von der Deutschen Bischofskonferenz unterstützt wird.

"Wir wollen den Campo Santo als Begegnungszentrum offenhalten und sehen ihn als Scharnier nicht nur zwischen der deutschsprachigen Kirche und der Weltkirche, sondern auch zwischen Gesellschaft, Politik und Kirche", fasst Reale die zukünftige Ausrichtung der Einrichtung zusammen. Zum Tragen kommen wird diese Vision schon im nächsten ordentlichen Heiligen Jahr, wenn 2025 unter dem Motto "Pilger der Hoffnung" in Rom rund 45 Millionen Besucherinnen und Besucher erwartet werden. Die Erzbruderschaft wird für das Heilige Jahr ihre Kirche zur Verfügung stellen. Im kleinen Gästebereich sind jetzt noch Kapazitäten frei. Anfragen können jederzeit über das Sekretariat per Mail an sekretariat@teutonico.va oder werktags von 9 bis 15 Uhr über die Telefonnummer 0039 06 69883923 erfolgen.

Der Friedhof mit Palmen, Zypressen und Sträuchern vor historischem Gebäude des Campo Santo Teutonico.
Der Friedhof mit Palmen, Zypressen und Sträuchern vor historischem Gebäude des Campo Santo Teutonico. (Bildquelle: Erzbruderschaft)

Spenden für den Campo Santo

Für den Erhalt dieses einzigartigen Orts ist die Erzbruderschaft auf Spenden angewiesen, da sie keinerlei Mittel aus Kirchensteuern oder anderen Mitteln bekommt: Zu diesem Zweck wurde die "Stiftung Pro Campo Santo Teutonico e.V." mit Sitz in München gegründet, die ebenfalls Kundin der Pax-Bank ist. Der Verein ist vom Finanzamt München als gemeinnützig im Sinne des § 52 AO anerkannt. Spenden sind daher grundsätzlich steuerlich absetzbar, und bei Angabe der Adresse im Verwendungszweck der Überweisungen wird eine Spendenbescheinigung verschickt. Bei Rückfragen zur Spendenmöglichkeit oder zu den Aufgaben der Stiftung kann jederzeit Kontakt zum Vorsitzenden der Stiftung, Dr. Albrecht Weiland, unter der Telefonnummer 0171 2656247 aufgenommen werden.

Spendenkonto:
"Stiftung Pro Campo Santo Teutonico"
IBAN: DE17 3706 0193 0017 5960 04
BIC GENODED1PAX

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Ihr Ansprechpartner bei der Pax-Bank

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