HINRICHS HANDELT: Die Hoffnung in Zeiten des Klimawandels

ca. 6 Minuten Lesezeit

07.11.2023

Unsere Kolumnistin versteht die Welt nicht mehr: Obwohl die Folgen des Klimawandels zunehmend spürbar sind und die mahnenden Hinweise der Wissenschaft immer dringender werden, wollen Menschen, Unternehmen und Politiker sie nicht hören. Mit dieser Wahrnehmung ist sie nicht allein. Wie gewinnen wir die Menschen wieder für den Wandel?

  • Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Papst Franziskus beklagen die nachlassenden Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel.
  • Damit der Wandel gelingt, braucht es Wahrnehmung, Wissen und Wollen.
  • Positive Botschaften stärken die Bereitschaft zur Veränderung.

Wenn ich es in diesen Tagen wage, über den Klimawandel zu schreiben, so bin ich mir bewusst, dass es kein einfaches Thema ist. Erlauben Sie mir daher eine Vorbemerkung: Die aktuell aufgeheizte politische Diskussion über Klimaschutzmaßnahmen sowie umstrittene Aktionen von Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten auf unseren Straßen bis hin zur Positionierung von Fridays for Future International zu Israel machen es nicht leicht, sachlich zu diesem Thema zu schreiben. Doch ich wage es trotzdem und möchte dabei bewusst auf die leisen, nachdenklichen Töne und auf neue Bündnisse eingehen.


Anfang Oktober hat Luisa Neubauer in Rom eine Rede gehalten. Die Aktivistin der Klimaschutzbewegung Fridays for Future war einer Einladung von Papst Franziskus gefolgt. Tags zuvor hatte der Papst das apostolische Mahnschreiben "Laudate Deum"  veröffentlicht, mit dem er an seine Umweltenzyklika "Laudato si'" von 2015 anknüpft. In dem Schreiben fordert er die Regierungen im Vorfeld der Klimakonferenz in Dubai  erneut eindringlich auf, endlich die erforderlichen Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu ergreifen. Ich finde dieses neue Bündnis zwischen Papst Franziskus und Luisa Neubauer beachtlich und daher auch wert, hierüber zu schreiben.

Papst Franziskus

Apostolisches Schreiben "Laudate Deum"

Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein, der beweist, dass alles, was seit 1992 getan wurde, ernsthaft war und sich gelohnt hat, andernfalls wird sie eine große Enttäuschung sein und all das Gute, das bisher erreicht werden konnte, in Gefahr bringen.

Schluss mit den Märchen

Die Rede von Luisa Neubauer hat mich sehr bewegt. Die 27-Jährige beschreibt darin, wie sie irgendwann das Märchen durchschaut hat, "dass alles gut werden würde, dass, wenn die Wirtschaft wächst, es Schritt für Schritt allen Menschen auf der Welt gut gehen würde." Gemeinsam mit anderen Menschen ging sie freitags auf die Straßen, um für den Klimaschutz zu demonstrieren, erst zu Hunderten, dann zu Tausenden, dann zu Zehntausenden.

"Und für einen kurzen Moment im Jahr 2019 sah es so aus, als würde es klappen. Und jetzt sind wir hier, im Jahr 2023, und erleben, wie Kindheiten auf der ganzen Welt überflutet und verbrannt werden", so Neubauer in ihrer Rede vor der Presse. "Was mich jedoch erschreckt, ist nicht die Krise allein. Was mich erschreckt, ist die Art und Weise, wie unsere Politiker auf die Krise reagieren." Dieses Anliegen teilt sie mit dem Papst, der ebenfalls dringend an die Politik appelliert, endlich den Worten auch Taten folgen zu lassen.

Jutta Hinrichs

Die Volkswirtin leitet den Bereich Ethik, Nachhaltigkeit & Kommunikation bei der Pax-Bank. In dieser Funktion koordiniert sie alle Aspekte der Bank, die mit Ethik und Nachhaltigkeit zu tun haben, und kümmert sich um ihre ansprechende in- und externe Kommunikation. So ist sie unter anderem verantwortlich für die Erstellung der jährlichen Klimabilanz. Ein wichtiges Anliegen ist ihr das Thema ethisch-nachhaltiges Investment, das Wirtschaft und Ethik kombiniert und seit über 100 Jahren zur DNA der Pax-Bank gehört. Hinrichs hat VWL in Frankfurt und Bonn studiert und arbeitete danach unter anderem für den Bundestagsabgeordneten Gunnar Uldall, die Konrad-Adenauer-Stiftung sowie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Hier schreibt die Mutter von zwei Kindern regelmäßig über neue Aktivitäten der Pax-Bank aus dem Bereich Ethik, Nachhaltigkeit & Kommunikation.

Nach uns die Sintflut?

Ich habe bei dieser Rede auch an meine eigenen Kinder gedacht. Und ich habe mir vorgestellt, dass sie diese Worte an mich richten würden. Ein Satz aus der Rede von Luisa Neubauer hat mich besonders berührt. "Früher hatte ich Angst vor der Klimakrise. Was mir jetzt Angst macht, ist die Frage, wie wir als Klimaaktivisten in diesem eskalierenden Klima der Unterdrückung und Kriminalisierung weitermachen sollen."

Wer mich kennt, der weiß, dass ich eigentlich ein sehr optimistischer Mensch bin. Aber auch mir fällt es manchmal schwer, die Hoffnung zu bewahren, weil ich das Gefühl habe, dass das Interesse am Klimaschutz immer mehr schwindet. "Nach uns die Sintflut!" Dieser Spruch könnte irgendwann in naher Zukunft traurige Wirklichkeit werden. Und ich frage mich: Was können wir tun, damit wir den Erkenntnissen der Wissenschaft endlich Taten folgen lassen und die Transformation in eine klimaneutrale Gesellschaft beherzt in Angriff nehmen?

Wie Wandel gelingt

Die Bekämpfung des Klimawandels ist letztlich ein globales Change-Projekt. Der Kölner Verhaltensökonom Dominik H. Enste hat eine einfache Formel aufgestellt, was es braucht, damit Wandel gelingt. Sie lautet: "Wahrnehmung x Wissen x Wollen = Wandel."

  • Erstens muss es ein Bewusstsein dafür geben, dass etwas schiefläuft und sich das ändern muss. (Wahrnehmung)
  • Zweitens braucht es Wissen darüber, was getan werden muss, um die Krise zu bewältigen. (Wissen)
  • Und schließlich braucht es einen gesellschaftlichen Willen zu diesen Veränderungen. (Wollen)

"Liegt der Wert nur eines der drei Faktoren bei null, bewegt sich nichts", so Enste in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit".

Genug der Informationen

Ich glaube, an der Wahrnehmung scheitert die Transformation nicht. Erst Anfang September gab der Klimawandeldienst Copernicus der EU bekannt : "Die globalen Temperaturrekorde purzeln 2023 weiter. Der wärmste August folgt auf den wärmsten Juli und Juni und führt zum wärmsten borealen Sommer [Anm. der Redaktion: boreal = bezogen auf die nördliche Halbkugel] in unserem Datensatz." Man musste nicht in den Süden reisen, um zu merken: Der Klimawandel ist da, hier und jetzt!

Und auch am Wissen über den Klimawandel, seine Ursachen und die erforderlichen Gegenmaßnahmen fehlt es 33 Jahre nach dem ersten Sachstandsberichts des Weltklimaberichts definitiv nicht. Dieses Zitat der Klimaforscherin Tatiana Ilyina, Mitglied im Excellenzcluster "Klima, Klimawandel und Gesellschaft" (CLICCS), bringt es gut auf den Punkt:  "Wir werden voraussichtlich in diesem Jahr wieder die höchsten CO2-Emissionen aller Zeiten haben. Ich weiß nicht, was wir als Wissenschaftler noch tun sollen, damit die globale Politik sich wirklich anstrengt."

Wo kein Wille ist, hilft auch kein Weg

Umso fassungsloser macht es mich, dass gleichzeitig so viele Fake News über den Klimawandel verbreitet werden und immer noch erschreckend viele Menschen den menschengemachten Klimawandel in Frage stellen. Meine einzige Erklärung: Es mangelt am Willen (und manchmal auch am Können) – sowohl auf der individuellen, unternehmerischen und auch auf der politischen Ebene. Doch wie stärkt man die Bereitschaft, etwas zu verändern?

Bisher haben wir den Menschen vor allem erzählt, auf welche liebgewonnenen Gewohnheiten sie in Zukunft verzichten müssen, damit wir noch eine kleine Chance zur Rettung des Planeten haben. Für positive Stimmung sorgt das nicht! Mich erinnert das an einen Arzt, der einem Patienten eröffnet, dass er Gefahr läuft, Diabetes zu bekommen, wenn er seine Lebensgewohnheiten – viel ungesundes Essen, wenig Sport – nicht verändert. Wenn der Patient aber immer so weiter macht wie bisher, dann ist irgendwann sein persönlicher "Kipppunkt" erreicht.

Ein positives Narrativ

Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Es ist richtig und wichtig, den Menschen ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, dass wir etwas ändern müssen (siehe oben). Aber ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur über das sprechen, was wir aufgeben müssen und was wir zu verlieren haben, sondern mehr über das, was wir zu gewinnen haben. Wie sagt man so schön: Wir brauchen ein "positives Narrativ"!

Ich habe einen Wunsch: Ich wünsche mir, dass wir weniger nach hinten, sondern nach vorne schauen: auf eine neue, klimaneutrale Welt, die vor uns liegt. Ich wünsche mir, dass wir in die Hände spucken und die Herausforderung Klimawandel beherzt, optimistisch und offen für Neues anpacken. Ich wünsche mir, dass wir all unsere Energie in die notwendigen Veränderungen stecken, statt sie auf der Suche nach Gegenargumenten und Zweifeln verpuffen zu lassen. Die Reise, die vor uns liegt, ist schon anstrengend genug. Da sollten wir nicht ständig das Ziel in Frage stellen. Wir haben viel zu verlieren. Aber auch viel zu gewinnen!

Und genau aus diesem Gedanken heraus verstehen wir uns als Bank für Veränderung. Wir begleiten unsere Kundinnen und Kunden in ihrer Transformation in die nachhaltige Welt von morgen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Weg mit uns gemeinsam gehen!

Ihre Ansprechpartnerin bei der Pax-Bank

Jutta Hinrichs Stabsstelle Ethik & Nachhaltigkeit

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