HINRICHS HANDELT: Rüstungsexporte? Nein danke!

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28.05.2021

Der Großkonzern ThyssenKrupp produziert neben Stahl auch Kriegsschiffe und exportiert diese in Länder, in denen die Menschenrechte verletzt werden. Die Pax-Bank hat vor diesem Hintergrund ihre Anlagekriterien nochmals verschärft und die kritischen Toleranzschwellen bei Großkonzernen gesenkt.

  • In Sachen Rüstung gelten bei der Pax-Bank klare Ausschlusskriterien.
  • Die Anlagekriterien sehen bei Mischkonzernen auch weiterhin Toleranzschwellen vor.
  • Die Pax-Bank hat diese Toleranzgrenzen jetzt weiter abgesenkt und ist gemeinsam mit anderen Investoren in einen Engagement-Dialog mit ThyssenKrupp getreten.

"Deutsche Rüstung für den Diktator". Unter dieser Überschrift berichtete die Tagesschau-Redaktion Anfang des Jahres über die Lieferung von vier U-Booten der HDW-Klasse 209 und drei Fregatten an das ägyptische Militärregime. Hersteller der Kriegsschiffe ist ThyssenKrupp. Denn was viele nicht wissen: Der Industriekonzern ist nicht nur Deutschlands größter Stahlproduzent, sondern seit 2009 auch alleiniger Aktionär der ThyssenKrupp Marine Systems, dem nach eigenen Angaben führenden europäischen Systemanbieter für U-Boote und Marineschiffe.

Unter dem Radar

Waffenproduktion ist aus ethischer Sicht ein zweischneidiges Schwert. Kontroverse Waffen sind klar abzulehnen, bei konventionellen Waffen ist die Beurteilung schon etwas schwieriger, weil sie auch der Verteidigung dienen können. Schwer zu akzeptieren wird es vor allem dann, wenn die Waffen von großen Mischkonzernen produziert werden und dann in Länder exportiert werden, in denen das Regime gegen Menschenrechte verstößt – wie im Beispiel von ThyssenKrupp.

Bis vor einem Jahr war auch die Pax-Bank über eine Anleihe in ThyssenKrupp investiert – selbstverständlich gemäß unsere Anlagerichtlinien, die bei Herstellern von sonstigen (also nicht kontroversen) Rüstungsgütern eine Toleranzschwelle von bis dato 5 Prozent vorsehen. ThyssenKrupp erwirtschaftet aber "nur" knapp 5 Prozent seines Gesamtumsatzes mit Rüstungsgütern. Mit anderen Worten: Das Unternehmen flog unter unserem Radar, um in der Sprache der Militärs zu bleiben. Unabhängig von unserer Umsatzgrenze haben wir entschieden, dass wir nicht länger in ThyssenKrupp investiert sein möchten.

Null Toleranz für Rüstungskonzerne?

Wir haben schnell gehandelt und haben die Anleihe bereits im letzten Jahr abgestoßen. Darüber hinaus haben wir uns im Dialog mit unseren Partnern im Bereich Investment, der Anlagegesellschaft Union Investment sowie der LIGA-Bank aus Regensburg, dafür eingesetzt, die Toleranzgrenze auf 3 Prozent zu verschärfen. Das alles brauchte seine Zeit. Inzwischen haben die Vorstände beider Banken die Absenkung schließlich beschlossen und sie tritt zum 1. Juni 2021 in Kraft. Das bedeutet: So lange der Anteil des Rüstungsgeschäfts am Umsatz von ThyssenKrupp und anderen Mischkonzernen mehr als 3 Prozent beträgt, wird die Pax-Bank keine Anlagegelder von Kunden und auch keine Eigenanlagen mehr hier investieren.

Jutta Hinrichs

Stabsstelle Ethik & Nachhaltigkeit

Ausschlusskriterien bringen die ethischen Überzeugungen einer Bank auf den Punkt. Toleranzschwellen zeigen, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt.

Aber warum lassen unsere Anlagekriterien überhaupt Toleranzen zu? Warum senken wir die Grenze nicht einfach kompromisslos auf 0 Prozent. Schließlich sind auch 3 Prozent von einem Milliarden-Umsatz noch eine Menge Geld, das mit Waffen erwirtschaftet wird. Darauf gibt es zwei Antworten: Um das Risiko für unsere Anleger zu streuen, brauchen wir eine gewisse Diversifikation. Doch je strenger unser Anlagekriterien definiert sind, desto mehr Unternehmen scheiden aus unserem Anlageuniversum aus, die einen Großteil ihres Umsatzes mit unkritischen Produkten erwirtschaften. Ein Argument, dass uns gerade bei Mischkonzernen wie ThyssenKrupp in eine moralische Zwickmühle bringen kann. Daneben geben wir mit einem Divestment auch die Möglichkeit auf, als Aktionäre Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen. Auch das zeigt sich am Beispiel von ThyssenKrupp. Doch in diesem Fall war es uns wichtiger, Flagge zu zeigen und uns von ThyssenKrupp zu trennen.

Jutta Hinrichs

Die Volkswirtin verantwortet seit 2018 die Stabsstelle Ethik & Nachhaltigkeit der Pax-Bank. In dieser Funktion koordiniert sie alle Themen der Bank, die mit Ethik und Nachhaltigkeit zu tun haben. So ist sie unter anderem verantwortlich für die Erstellung der jährlichen Klimabilanz. Ein wichtiges Anliegen ist ihr das Thema ethisch-nachhaltiges Investment, das Wirtschaft und Ethik kombiniert und seit über 100 Jahren zur DNA der Pax-Bank gehört. Hinrichs hat VWL in Frankfurt und Bonn studiert und arbeitete danach unter anderem für den Bundestagsabgeordneten Gunnar Uldall, die Konrad-Adenauer-Stiftung sowie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Hier schreibt die Mutter von zwei Kindern alle zwei Monate über neue Aktivitäten der Pax-Bank aus dem Bereich Ethik und Nachhaltigkeit.

Wir bleiben hart bei ThyssenKrupp

Im vergangenen Herbst hat sich die Pax-Bank mit der Initiative "Shareholder for Change" zusammengetan, in der sich 2017 verschiedene institutionelle europäische Investoren zusammengeschlossen haben, und sind in einen so genannten Engagement-Dialog mit ThyssenKrupp getreten. Zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 haben wir uns zusammen mit "Shareholder for Change" mit 20 kritischen Fragen an ThyssenKrupp gewandt. Darin ging es um Rüstungsexporte in Länder wie das oben beschriebene Beispiel Ägypten und die Türkei, in denen die Menschenrechte systematisch verletzt werden. Der Konzern beruft sich dabei auf die Grundsätze und Richtlinien der Bundesregierung für den Export von Rüstungsgütern. Wir sind allerdings der Meinung, dass ihre Einhaltung allein nicht ausreicht, um Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden. Nachdem der vertrauliche Dialog nicht dazu geführt hat, dass ThyssenKrupp seine Waffenexporte stoppt und eine verbesserte menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführt, wird "Shareholder for Change" unsere gemeinsame kritische Stellungnahme bei der nächsten Hauptversammlung dem Vorstand und Aktionären vortragen. Schließlich kann eine fehlende oder mangelhafte menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung auch Reputationsschäden und finanzielle Risiken für das Unternehmen zur Folge haben.

Übrigens: Am 22. Juni spreche ich bei der Auftaktveranstaltung zur neuen Engagement-Dialoge des Corporate Responsibility Interface Center (CRIC) e. V. – Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. Das Thema des Online-Seminars lautet:

Wie können kleine und mittelgroße Investoren wirken? Praxiserfahrungen und Handlungsoptionen.

Ihr Ansprechpartnerin bei der Pax-Bank

Jutta Hinrichs Stabsstelle Ethik & Nachhaltigkeit

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