Kommen wir nochmal auf Herrn Spahn zurück. Er ist auch Gast bei Ihrer Bundestagung, die am 8. und 9. Juni in Berlin stattfindet. Welche Botschaft erhoffen Sie sich von ihm?
Andreas Wedeking: Grundsätzlich sollten wir anerkennen, dass in der vergangenen Legislaturperiode durch ihn schon vieles erreicht worden ist. Er hat Pflege zum Thema gemacht, bis Corona dazwischenkam. Ich würde mir wünschen, dass man aus der Pandemie die Lehren gezogen hat, dass Pflege kein parteipolitisches Thema sein darf, sondern dass sie ein gesamtgesellschaftliches Thema ist, das die künftige Regierung – egal wie sie zusammengesetzt ist –, sofort in den Blick nehmen muss. Wenn wir weiter gut zusammenleben wollen, dann müssen wir gemeinsam überlegen, was uns Bildung, Erziehung, Betreuung, Pflege und das Gesundheitssystem eigentlich wert sind. Denn in der Corona-Krise haben wir gesehen, wie existenziell diese Bereiche sind. Wenn jetzt in dem Entwurf davon die Rede ist, dass 640 Millionen zur Finanzierung der Behandlungspflege im stationären Bereich zur Verfügung gestellt werden, klingt das erst mal nach viel. Ich darf aber darauf hinweisen, dass der VKAD schon 2017 in einer Studie berechnet hat, dass sich diese Kosten eigentlich auf 2,8 Milliarden bis 3,4 Milliarden Euro belaufen. Und ich würde mir auch wünschen, dass die Politiker noch häufiger den Menschen aus der Praxis zuhören, damit wir Lösungen finden, die politisch vertretbar, gesellschaftlich anerkannt und gerecht sind und an der Basis auch umsetzbar. Ich glaube, dann können wir auch eine Pflegereform anstoßen, bei der die Gesellschaft sagt: Ja, ich bin einverstanden, dass meine Steuergelder für diese Zwecke verwendet werden.