Deutschland wird älter. Immer mehr Menschen leben heute in Alten- und Pflegeeinrichtungen. Wer aber trägt dafür die Kosten, wenn Pflegeversicherung, Rente und Rücklagen nicht ausreichen?
Pflege
Frühzeitig vorbeugen
Anneliese Breitbach* war trotz ihrer knapp 80 Jahre eine lebenslustige Frau, die nach dem Tod ihres Mannes den Haushalt selbstständig organisierte und auch in ihrer Nachbarschaft und Kirchengemeinde eine aktive Rolle spielte. Doch dann veränderte sich ihr Leben und das ihrer Angehörigen von einer Sekunde auf die andere. Ein schwerer Schlaganfall machte die vorher so agile Frau zu einem stationären Pflegefall. Plötzlich war sie bei allen Dingen des täglichen Lebens auf Hilfe angewiesen, und die finanziellen Konsequenzen überstiegen die Leistungen der Pflegeversicherung und ihrer Rente. Auch die Rücklagen, die sie „für die Enkel“ angespart hatte, waren bald aufgebraucht – was für die Tochter dramatische Folgen hatte. Denn nachdem die alte Dame die Kosten nicht vollständig abdecken konnte, wurden die Tochter und ihr Ehemann zur Kasse gebeten, was den Lebensstandard der Familie deutlich veränderte.
„In der Vergangenheit wurde die Pflege von Angehörigen meistens von der Familie übernommen, und da vor allem von den Frauen“, weiß Thomas Beyer, Privatkundenberater der Pax-Bank in Essen. „Diese Zeiten sind vorbei, sodass viele pflegebedürftige Menschen in Heimen untergebracht werden.“ Und das kann die finanziellen Rücklagen einer Familie durchaus in eine Schieflage bringen. Die Kosten für eine stationäre Vollpflege liegen je nach Region bei mindestens 3.500 bis 4.000 Euro im Monat. Da reichen die Zahlungen der staatlichen Versicherung und die Rente des Betroffenen meist nicht mehr aus (siehe Infokasten). Die entstehende Lücke muss gefüllt werden, und um dies zu erreichen, hilft eine weit vorausschauende Planung, um nicht als Angehöriger von den Versorgungsämtern in die Pflicht genommen zu werden.
Wenn der Pflegefall eingetreten ist, ist es allerdings zu spät, um noch reagieren zu können. Thomas Beyer empfiehlt deshalb, frühzeitig eine private Pflegeversicherung zugunsten der Eltern abzuschließen, um so die finanziellen Risiken zu begrenzen. Denn angesichts der demografischen Entwicklung – immer weniger Einzahlern steht eine ständig älter werdende Bevölkerung entgegen – wird die Schere zwischen staatlichen Leistungen und den tatsächlich zu deckenden Kosten weiter auseinandergehen. Vom 80. Lebensjahr an steigt die Zahl der unter einem allgemeinen Kräfteverfall leidenden Menschen überproportional an, und bei der Generation 90 plus ist bereits jeder Zweite ein Pflegefall. Bis zu einer Altersgrenze von 70 Jahren (der Eltern) kann diese Police meist problemlos abgeschlossen werden, doch gilt hier: je früher desto besser. „Um die passende Lösung zu finden, bieten wir eine Vielfalt von Versicherungslösungen an, sodass am Ende eine maßgeschneiderte Absicherung steht“, erklärt der Kundenberater. Zum Beispiel können die Versicherten Pflegezeiten erwerben, also einen bestimmten Umfang für den Fall der Fälle absichern. Möglich ist auch eine Kapital-Pflegeversicherung, bei der sich der Versicherte später entscheiden kann, ob er das Kapital für seine Pflege einbringen, verrenten oder, wenn er sich noch fit genug fühlt, für andere Dinge investieren will.
„Auf jeden Fall ist die private Pflegeversicherung eine sinnvolle Ergänzung zum gesetzlichen Versicherungsschutz im Pflegefall. Sie kann die finanzielle Lücke mindern oder schließen, die durch die zu geringen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung besteht“, bilanziert Thomas Beyer. Bei einer vollstationären Pflege kann die maximale Erstattung bei bis zu 1.995 Euro liegen, wenn der Pflegebedarf außergewöhnlich hoch ausfällt.
* Name von der Redaktion geändert
Die staatliche Pflegeversicherung
Die staatliche Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt. Um Leistungen der Versicherung in Anspruch nehmen zu können, muss man mindestens zwei Jahre in die Pflegekasse eingezahlt haben. Seit dem 1. Januar 2015 stehen den Pflegebedürftigen folgende Pflegesachleistungen durch die Krankenversicherung beziehungsweise Pflegekasse zu:
Maximale Erstattung der Kosten für vollstationäre Pflege (pro Monat)
- Pflegestufe 1: 1.064 Euro
- Pflegestufe 2: 1.330 Euro
- Pflegestufe 3: 1.612 Euro (bei außergewöhnlich hohem Aufwand 1.995 Euro)