Die geopolitische Lage zwingt Wirtschaft, Politik und Finanzmarktakteure dazu, die Finanzierung von Rüstungsgütern strategisch neu zu bewerten. Verteidigungsfähigkeit und Wehrhaftigkeit müssen gewährleistet sein und werden. Dass damit zwangsläufig eine uneingeschränkte Aufnahme von Rüstungskonzernen in nachhaltige Finanzprodukte verbunden sein sollte, sehen die Sonderinstitute innerhalb des Genossenschaftsverbundes kritisch. In einem gemeinsam ausgearbeiteten Papier positionieren wir uns nun ausdrücklich gegen die Aufweichung der Kriterien bei als nachhaltig deklarierten Produkten.
Rüstung ist notwendig, aber nicht nachhaltig
Wir positionieren uns gemeinsam mit anderen genossenschaftlichen Sonderinstituten
Aus dem Positionspapier:
Wir lassen nicht locker: Investitionen in Rüstung sind notwendig, aber nicht ethisch-nachhaltig
Geopolitische Entwicklungen und wachsende Bedrohungslagen erfordern eine stärkere und zuverlässige Finanzierung von Rüstungsgütern und Waffen. Unsere Wehrhaftigkeit rückt zu Recht in den politischen Fokus. Und auch der Finanzmarkt muss sich in Anbetracht aktueller Entwicklungen positionieren. Dabei gilt es, dem Zeitgeschehen gerecht zu werden, ohne etablierte und ebenfalls dringend notwendige Konzepte wie eine nachhaltige Entwicklung über Bord zu werfen.
Darum positionieren wir uns gegen die uneingeschränkte Aufnahme von Rüstungskonzernen aus aller Welt in nachhaltige Finanzprodukte. Unser Credo: Rüstung ist notwendig, aber nicht ethisch-nachhaltig. Als Banken mit ethisch-sozialer Motivation und Ausrichtung diskutieren wir die Einbeziehung von Rüstungsunternehmen in unseren eigenen Geldanlagen seit vielen Jahren. In diesem Rahmen gelangen wir regelmäßig zu dem Ergebnis eines Ausschlusses von Unternehmen, die durchschnittlich mehr als 3 bis 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Entwicklung, Produktion und dem Verkauf von Waffen und Kriegsgerät erwirtschaften. Daran halten wir auch künftig fest, weil wir Nachhaltigkeit in unseren Finanzprodukten nicht verwässern möchten, um unseren Anlegerinnen und Anlegern weiterhin Verlässlichkeit und Transparenz zu gewährleisten.
Hintergrund: Lockerung des Branchenstandards für Banken
Ende letzten Jahres lockerte die Deutsche Kreditwirtschaft die Auflagen und damit den Branchenstandard für die Aufnahme von Waffen- und Rüstungskonzernen in nachhaltige Geldanlagen massiv. Seither können Banken, Fonds und Assetmanager auch Unternehmen in nachhaltige Finanzprodukte platzieren, deren Kerngeschäft Rüstung und Waffenproduktion ist. Zuvor war dies nur bei Unternehmen möglich, die nicht mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes mit diesen Wirtschaftstätigkeiten erzielen.
Die unterzeichnenden Banken erachten Wehrhaftigkeit und die damit verbundenen Investitionen in Rüstung zwar als erforderlich, einer Etikettierung als nachhaltig stehen wir aber nach wie vor ablehnend gegenüber. Darum lassen wir nicht locker: Von uns initiierte ethisch-nachhaltige Geldanlagen orientieren sich weiterhin an den strengen Umsatzkriterien in Bezug auf Rüstung und Militär.
Begründung:
1.) Als Banken mit ethisch-nachhaltigem Schwerpunkt engagieren wir uns für Frieden, für Demokratie und für die Bewahrung der Natur als Grundlage für ein friedvolles Miteinander aller Menschen. Unser Nachhaltigkeitsverständnis beruht unter anderem auf den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) der Vereinten Nationen.
2.) Waffen und Rüstungskonzerne widersprechen unserem Nachhaltigkeitsverständnis.
Der Einsatz von Waffen und Rüstungsgütern leistet keinen positiven Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele, sondern zerstört Leben, die Zivilgesellschaft, die Umwelt und Infrastrukturen. Investitionen in Rüstungskonzerne haben letztlich zwar auch die Förderung von Frieden als Ziel, tun dies aber nicht auf eine Weise, wie es das SDG 16 intendiert.
1.) Die Aufgaben Sicherheit und Verteidigung obliegen den Staaten. Dem Argument der Rüstungsindustrie, dass Rüstungs- und Waffenproduktion unter dem Sicherheitsaspekt auf die soziale Nachhaltigkeit einzahlen, stimmen wir nicht zu. Gestützt wird diese Meinung unter anderem durch die Bewertung der einschlägigen Ratingagenturen, die der Rüstungsindustrie im Vergleich zu anderen Branchen eine geringere Nachhaltigkeit attestieren.
Hinzu kommt ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt: Finanzinvestitionen in Rüstungskonzerne sind überwiegend renditegetrieben. Sie tragen als solche nicht ausschließlich zur Verteidigung und Sicherheit bei, sondern ermöglichen auch bewaffnete Konflikte in aller Welt.
2.) Unternehmen, die Rüstungsgüter entwickeln, herstellen oder handeln, sind fester Bestandteil konventioneller Finanzprodukte. Dem Argument einer Benachteiligung oder gar wirtschaftlichen Gefährdung von Rüstungsunternehmen durch deren Ausschluss aus nachhaltigen Finanzprodukten, können wir nicht folgen. Dem widerspricht auch die offenkundige Tatsache steigender Gewinne und Aktienkurse der einschlägigen Unternehmen seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine.[1] Der Markt nicht-nachhaltiger, konventioneller Finanzprodukte steht sowohl Rüstungsunternehmen als auch Investoren, die in Rüstung investieren möchten, uneingeschränkt offen und bietet attraktive Anlageoptionen.
3.) Menschen, die sich bewusst für Investments in ethisch-nachhaltige Geldanlagen entscheiden, sollten sich sicher sein können, dass dadurch keine Verletzung ihrer Werte erfolgt. Auf europäischer Ebene gibt es aktuell zahlreiche sinnvolle Maßnahmen, um mehr Transparenz in nachhaltige Finanzprodukte zu bringen und die Verbraucher vor Greenwashing zu schützen. Die Aufnahme von Rüstungskonzernen in nachhaltige Fonds widerspricht diesem Ansinnen deutlich. Der damit verbundene Vertrauensverlust bei Anlegerinnen und Anlegern ist unumkehrbar. Eine „neutrale“ Einstufung von Waffen und Rüstungsgütern und das Belassen von Rüstungskonzernen in konventionellen Fonds wirkt einem Vertrauensverlust entgegen.
Fazit: Investitionen in Rüstung scheinen in Anbetracht der aktuellen geopolitischen Situation notwendig. Eine Notwendigkeit begründet aber keine Nachhaltigkeit. Darum positionieren wir uns klar gegen die Aufnahme von Rüstungskonzernen nach oben genanntem Verständnis in ethisch-nachhaltige Finanzprodukte.